Saint Benin - Tal der Selle |
Das 'Departement Nord' ist Teil der Region "Hauts de France" und verläuft entlang der Grenze zur Belgien - von der Kanalküste bei Dünkirchen bis zu den Ardennen im Süden. Mit 2,6 Millionen Menschen ist das Departement bevölkerungsreicher als die Stadt Paris. Die Hauptstadt Lille ist ein Verkehrsknotenpunkt in west-östlicher- und nord-südlicher Richtung. Das Arrondissement Cambrai im Südwesten war immer wieder Schauplatz blutiger Kämpfe - seit den Römern. Besonders leiden musste die Region im Ersten Weltkrieg, nach 1918 lagen die Städte und Dörfer größtenteils in Trümmern. Heute noch zeugen die vielen Soldatenfriedhöfe von dieser Vergangenheit. Bis in die 1960er Jahre war das Départements Nord, zu dem Cambrai gehört, ein wichtiger Industriestandort. Handelswege, Kohle- und Textilindustrie prägten sie, aber dann begann - ähnlich wie im Ruhrgebiet - der Niedergang. 'Zechensterben' und das Ende der Textilfabriken, viele Arbeitsplätze gingen verloren. Die Gegend verarmte - und das gilt auch heute noch.
Le Cateau - Rathausturm - Parc Fénelon |
Namen wie Somme, Aisne oder Picardie sind heute noch symbolträchtig für den blutigen Stellungskrieg zwischen 1914-1918. Mein französischer Familienzweig stammt aus dem Kanton Le-Cateau-Cambrésis, das zum Arrondissements Cambrais gehört - unweit der Belgischen Grenze bei Mons.
Meine Mutter wurde 1923 im kleinen Dorf Saint Benin geboren, die etwa zwei Kilometer entfernt von der 7000 Einwohner zählenden Kleinstadt Le Cateau (flämisch: Kamerijkskasteel) liegt. Eine Landschaft die im Sommer durch seine weiten, wellenartigen Felder beeindruckt, im Winter wird es aber hier durch Nebel, Regen und Schnee ziemlich kalt, nass und düster. Dies ist ein Grund dafür, dass viele Bauernhöfe und Häuser mit hohen Mauern umgeben sind - wie kleine Festungen.
Bahn-Viadukt bei Saint Benin - Am Horizont Britischer Soldatenfriedhof zwischen den Bäumen |
Le Cateau
Am schlimmsten erging es dieser Region aber im Ersten Weltkrieg. Im August 1914 und Oktober 1918 wurde Le Cateau vollständig zerstört. Danach baute man die Stadt im alten Stil - wie 1914 - wieder auf. Textilien waren Jahrhunderte lang die Quelle des Wohlstandes des am Fluss Selle gelegenen Le Cateau und seines Umlandes. Vom wirtschaftlichen Niedergang der 1960er Jahre wurden der Ort und seine Umgebung schwer getroffen. In Dörfern und in Le Cateau stehen überall Schilder: "A Vendre" vor leerstehende Häusern auch viele Geschäfte in der Stadt stehen schon seit Jahren leer - manche Häuser verfallen. Außerhalb sieht man Industriegebiete und große Supermärkte - Dörfer wirken dagegen oft menschenleer.
Saint Benin
Britischer Soldatenfriedhof - Blick auf Saint Benin |
Die schweren Kämpfe im Oktober 1918 forderten unter den britischen und australischen Soldaten viele Opfer - davon zeugen heut noch die Soldatenfriedhöfe rund um Le Cateau. Ihre Gräber werden immer noch gepflegt, ein Blick in die Grabbücher zeigt. dass heute noch Nachfahren der Gefallenen sie besuchen. In Le Cateau gibt es auch einen deutschen Soldatenfriedhof - während der Besatzungszeit hatte es hier ein großes Lazarett gegeben. Hier finden sich auch einige Gräber russischer Soldaten, die als Kriegsgefangene Zwangsarbeit leisten mussten - sie waren an Krankheiten und Entbehrungen gestorben.
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Saint Benin wirkt heute, wie schon in meiner Kindheit, auf Besucher verschlossen und Abweisend. Aber so sehen viele Dörfer der Region aus. In Saint Benin wurden in den letzten Jahren der Platz vor der Kirche, die alte Schule und das kleine Bürgermeisteramt renoviert. Auf dem alten Friedhof, direkt neben der Bahnstrecke und dem Viadukt über die Selle, liegen meine französischer Vorfahren im Familiengrab: Gaspards/Hannappes
Hier ging meine Mutter einst zur Schule |
(Ur-Großeltern) und Aubry (Großeltern). Im Gegensatz zu deutschen Friedhöfen, deren Gräber regelmäßig verlängert werden müssen - sonst werden sie eingeebnet - gibt es hier neben gepflegten auch verfallene Grabstellen - der Ewigkeit überlassen.
Friedhof Saint Benin |
Guise
Eingang zur Festung |
Saint Quentin
Rathaus Saint Quentin
Sedan und das Museum der 'dernières Cartouches'
Festung Sedan |