Flüchtlinge Nordfrankreich 1914, Bundesarchiv, Bild 183-R05939 |
Wappen St.Benin |
Für die damals
Flore 1920er |
Dorfkirche von St.Benin |
http://perdrelenord.free.fr/aufildeleau/saintbenin/
Am Morgen des 26. August 1914, einem Mittwoch, lag in den Tälern um Le Cateau noch Nebel, aber es würde wieder ein sehr heißer Tag werden. Das zur 1. Armee (General von Kluck) gehörende III.Armeekorps (General von Lochow) hatte in Nacht gegenüber den britischen Truppen Stellung bezogen - 3 Infanterie- und 3 Kavalleriedivisionen - etwa 55 000 Mann. Der britische General Smith-Dorien, hatte seine rund 40 000 Soldaten - 3 Infanterie- und eine Kavalleriedivision entlang der alten Römerstraße, zwischen Le Cateau und dem 24 Kilometer entfernten Cambrai aufgestellt. Ziel war, die Deutschen aufzuhalten, damit sich das britische Expeditionskorps und die französischen Truppen geordnet weiter zurückziehen konnten. Le Cateau bildete dabei den Eckpfeiler des rechten britischen Flügels. Von hier aus verlief in nordwestlicher Richtung die 16 Kilometer lange Frontlinie. Kaum war die Sonne aufgegangen, begann gegen 6 Uhr das deutsche Artilleriefeuer und bald darauf griff die Infanterie an. Die britischen Geschützbatterien versuchten sie aufzuhalten, aber es gelang der deutschen 14. Infanteriebrigade Le Cateau nach erbittertem Straßenkampf zu erobern.
Die schweren Kämpfe hielten den ganzen Tag an, am frühen Abend erreichten sie auch St.Benin. Gegen 19 Uhr begann die brandenburgische 5. Division unter General Wichura von Le Cateau aus ein Umgehungsmanöver. Dazu marschierte sie in Richtung Süden zwischen der Bahnlinie, die Brüssel mit Paris verband und dem Flüsschen Selle, um so die britische rechte Flanke
Bahnviadukt in drei Kriegen zerstört |
Während meine Großmutter uns in den 1970er Jahren ihre Erlebnisse schilderte, saßen wir in der Küche des kleinen Häuschen, in dem sie seit 1914 gewohnt hatte. Der 'Schutzkeller' war eigentlich nur eine kleine, unter dem Haus gegrabene Höhle. Auch noch 70 Jahre danach spürten wir bei Flore den großen Schrecken, dem sie
Das Tal der Selle mit Bahnviadukt 1980er Jahre |
Danach wurde die Gegend um Le Cateau für über vier Jahre deutsche Etappe, es gab hier ein großes Lazarett. Ende Oktober 1918 kam der Krieg abermals zurück in die Region. Er brachte der französischen Zivilbevölkerung zwar das Ende des Besatzungsregimes, aber die Befreiung am 17.Oktober 1918 musste Le Cateau mit schweren Zerstörungen durch britisches und deutsches Artilleriefeuer bezahlen.
Oft besuchten wir meine Großmutter in ihrem kleinen Haus und für meine Schwester und mich war der staubige Dachboden immer eine Fundgrube.
Das Häuschen meiner Oma heute |
Vor einigen Jahren verbrachten meine Freundin und ich unseren Urlaub in Irland. Dabei kamen wir auch in das zu Großbritannien gehörende nordirische Städtchen Enniskillen. Wir besuchten in der Burg das Kriegsmuseum und ich war nicht schlecht erstaunt, als ich in einer Vitrine den Namen Le Cateau las. Das 2. Bataillon der Royal Inniskilling Fusiliers hatte im August 1914 hier gekämpft.
Lesetipp:
"The long silence", ein Buch über das Schicksal der französischen Zivilbevölkerung während der deutschen Besatzung Nordfrankreichs 1914-1918. Die Autorin Helen McPhail hat dazu Berichte von Augenzeugen ausgewertet. Bezeichnenderweise gibt es bisher keinen deutschen Verlag für das Buch. Klar wird durch die Lektüre, den deutschen Herrenmensch gab es nicht erst im Zweiten Weltkrieg, sondern Vorläufer bereits während der Besatzungszeit 1914-1918.
Helen McPhail: The long silence, 1999, Taschenbuchausgabe 2001 Tauri-Verlag ISBN 978 1 78453 035 2
https://medienfresser.blogspot.de/2016/08/erster-weltkrieg-leben-unter-deutscher_16.html
Auf Youtube kann man die spannende Dokumentation von Olivier Sarrazin aus dem Jahr 2014 sehen. Hier wird auf die Besatzungseit eingegangen: "Der ferne nahe Krieg"
https://kriegsgraeberstaetten.volksbund.de/friedhof/le-cateau