Clotaire Pierre Ernest Aubry
geboren 1896 im Dorf Avocourt in Nordfrankreich – gestorben 1928 in Lourdes.
Er war mein französischer Großvater. Im August 1918 wurde Clotaire durch einen deutschen Gasangriff bei Soissons verwundet. Zehn Jahre später verstarb er an den Folgen.
Flore als Junge Frau |
St. Benin liegt am Hang eines Tales, durch das sich der kleine Fluss Selle windet. Beherrschendes Bauwerk ist ein großes Eisenbahnviadukt. Vom Haus meiner Großmutter aus konnte ich auf dem einige Kilometer entfernt gelegenen Hügelkamm auf der anderen Seite des Tales einen weißen Obelisk erkennen. Er gehörte zu einem britischen Soldatenfriedhof, überall in der Gegend gibt es diese sehr gepflegten britischen Friedhöfe. Um Le Cateau hatte es Ende August 1914 und erneut im Herbst 1918 schwere Kämpfe mit deutschen Truppen gegeben. Auf dem Dorffriedhof von St.Benin wurden mehrere Australische Soldaten beerdigt, die bei den Gefechten 1918 ums Leben gekommen waren.
So sah das Haus vor ein paar Jahren aus |
Eines Tages fanden wir dort einen alten französischen Stahlhelm, eine Meldertasche aus Leder und eine Erkennungsmarke der französischen Armee. Mit unserer "Beute" stiegen wir schnell die steile Treppe herunter und zeigten sie unserer Großmutter. Die sonst sehr lebhafte und fröhliche Flore verstummte und begann zu weinen. Wir waren verwirrt und fragten unsere Eltern, was wir falsch gemacht hätten. Als sich Gramy etwas beruhigt hatte, begann sie über ihre Jugend im Ersten Weltkrieg und über ihren Ehemann Clotaire - meinen Großvater - zu erzählen. Hier hörte ich zum ersten Mal auch den Namen der Stadt "Verdun".
Clotaire Pierre Ernest Aubry wurde am 26. Mai 1896 im Dorf Avocourt geboren. Um die Jahrhundertwende hatte der Ort, gut 20 Kilometer westlich von Verdun gelegen, etwa 650 Einwohner - heute leben hier noch 150 Menschen. Avocourt gehörte zum Département Meuse (Maas) und befand sich während des Ersten Weltkriegs kurz hinter der französischen. Im Jahr 1911 war Clotaires Familie in das südöstlich von Verdun gelegene Dorf Haudainville gezogen, dort wurde der 20-Jährige Anfang 1916 gemustert und eingezogen. Dabei wurde ihm eine Erkennungsmarke aus Blech ausgehändigt. Die Soldaten trugen sie an einem Kettchen am Handgelenk, so konnten sie bei Tod oder Verwundung identifiziert werden. Auf der einen Seite standen sein Name: Clotaire Aubry und die Jahreszahl 1916. Auf der Rückseite VERDUN und seine Matrikelnummer - 658.
Clotaire kam als einfacher Soldat zum 62. Feldartillerieregiment der 42.Infanteriedivision. Sein Regiment wurde 1916 in der Schlacht um Verdun und später dann auch an der Somme eingesetzt. Clotaire wurde einem Offizier als Bursche zugeteilt und dieser bot meinem Großvater nach Ende des Krieges einen Job in seiner Firma an. Im gehörte eine Mühle, die an dem kleinen Fluss bei St.Benin lag. Clotaire zog also Anfang August 1920 dort hin und traf auf die 18-jährige Flore. Beide lernten sich kennen und heirateten bald. Im Jahr 1923 kam ihre Tochter, Fernande - meine Mutter - dort auf die Welt. Clotaire wechselte später die Beschäftigung und wurde Postbote. Er musste seine Tätigkeit aber bald aufgeben, da die alte Gasverletzung erneut aufgebrochen war - seine Lunge war zerstört. Die letzten Tage seines Lebens verbrachte Clotaire in einem Sanatorium bei Lourdes. Dort starb er am 1.September 1928 - mit gerade einmal 32 Jahren.
Nachdem uns Gramy über ihren Mann und ihre Jugend im Ersten Weltkrieg erzählt hatte, kam mein Vater auf die Idee, gemeinsam nach Verdun zu fahren. Damals waren die französischen Illustrierten voll mit großen Berichten über den "Grande Guerre", da sich der Kriegsausbruch zum fünfzigsten Mal jährte. In Deutschland zeigte damals das Erste Fernsehprogramm der ARD
eine mehrteilige britische Dokumentarserie der BBC über den Krieg. Im Jahr 1964 konnten sich in St.Benin noch viele der älteren Bewohner an die Schrecken erinnern, die im August 1914 über die Region um Le Cateau hereingebrochen waren.
Flore hatte Ende August den Einmarsch der Deutschen und die Kämpfe um Le Cateau hautnah miterlebt. Das damals 14-jährige Mädchen saß am 26. August, während über ihnen die Schlacht zwischen Briten und Deutschen tobte, mit ihrer Mutter verängstigt im Keller des Hauses. Der "Grande Guerre" - wie die Franzosen den 1.Weltkrieg nennen - war für Gramy das prägende Erlebnis ihres Lebens.
Im Frühjahr 1964 - es kann um Ostern herum gewesen sein, stiegen wir alle gemeinsam in St.Benin in den VW-Käfer meines Vaters und fuhren die 250 Kilometer nach Verdun. Damals gab es noch keine Autobahn und so war die Fahrt über die Route Nationale Richtung Südosten anstrengend, das Wetter war schlecht, regnerisch und neblig kalt.
Flore hatte Ende August den Einmarsch der Deutschen und die Kämpfe um Le Cateau hautnah miterlebt. Das damals 14-jährige Mädchen saß am 26. August, während über ihnen die Schlacht zwischen Briten und Deutschen tobte, mit ihrer Mutter verängstigt im Keller des Hauses. Der "Grande Guerre" - wie die Franzosen den 1.Weltkrieg nennen - war für Gramy das prägende Erlebnis ihres Lebens.
Im Frühjahr 1964 - es kann um Ostern herum gewesen sein, stiegen wir alle gemeinsam in St.Benin in den VW-Käfer meines Vaters und fuhren die 250 Kilometer nach Verdun. Damals gab es noch keine Autobahn und so war die Fahrt über die Route Nationale Richtung Südosten anstrengend, das Wetter war schlecht, regnerisch und neblig kalt.
Mein erster Eindruck von der Stadt Verdun? Ich fand es unheimlich dort. Wir fuhren ins Stadtzentrum und parkten in der Haupteinkaufsstraße, der Rue Mazel. Dann suchten
wir ein Restaurant, um dort Mittag zu essen. Im Schaufenster eines Geschäftes sah ich eine große Granate. Als ich
meine Mutter darauf ansprach meinte sie, diese sei aus Zucker - ein ziemlich geschmackloses Souvenir - das in Verdun bis heute in Geschäften angeboten wird. (https://dragees-braquier.fr/en/200-chocolate-shells) Die Stadt wirkte im Frühjahr 1964 auf mich grau, feucht und neblig. Wir gingen in das Restaurant eines großen Hotels. Auf der anderen Straßenseite erhob sich ein düsteres Monument.
Erbaut im Jahr 1929, führte eine Steile Treppe über 73 Stufen hinauf zu einem Obelisk. Darauf stand eine Figur in Ritterrüstung und stützte sich auf ein großes Schwert. Sie verkörpert den Sieg über die Deutschen, die Verdun im Ersten Weltkrieg nicht erobern konnten. Wir saßen in dem großen, von Kronleuchtern erleuchteten Speisesaal des Hotels, durch die Fenster konnte man dabei das Denkmal sehen. Mein Vater versuchte die gedrückte Stimmung durch Scherze aufzuheitern. Aber Gramy schien entrückt - in Gedanken weit entfernt - in einer anderen Zeit.
Erbaut im Jahr 1929, führte eine Steile Treppe über 73 Stufen hinauf zu einem Obelisk. Darauf stand eine Figur in Ritterrüstung und stützte sich auf ein großes Schwert. Sie verkörpert den Sieg über die Deutschen, die Verdun im Ersten Weltkrieg nicht erobern konnten. Wir saßen in dem großen, von Kronleuchtern erleuchteten Speisesaal des Hotels, durch die Fenster konnte man dabei das Denkmal sehen. Mein Vater versuchte die gedrückte Stimmung durch Scherze aufzuheitern. Aber Gramy schien entrückt - in Gedanken weit entfernt - in einer anderen Zeit.
Nach dem Essen fuhren wir auf die Anhöhen nördlich von Verdun. Ich erinnere mich noch, wie von der großen Straße nach einigen Kilometern ein Schild "Champ de bataille" auftauchte. Über kleine Landstraßen fuhren wir im Nebel, durch ein Wald- und Buschgelände zum "Fort de Vaux". Diese Festung wurde in den 1880er dort errichtet und war Teil eines Befestigungssystems um die Stadt. Erst nach fast drei Monate andauernden Kämpfen hatten deutsche Truppen im Juni 1916 die im Fort eingeschlossenen Franzosen zur Kapitulation zwingen können.
Wir erreichten mit unserem Wagen einen Schotterplatz an dessen Ende ein lang gestrecktes Steingebilde, wie ein schlafendes Ungeheuer, aus dem Nebel auftauchte. Zuerst erkannte ich nicht, was es war. Dieser vernarbte Steinhaufen war das, was nach dem monatelange Artilleriefeuer vom Fort noch übrig geblieben war. An einer Stelle befand sich eine kleiner Eingang, über
Eingang Fort Vaux 1964 |
Vaux 1916, Bundesarchiv BIld 146-1980-132-13 |
Wir fuhren weiter zum gut 2500 Meter entfernten "Fort Douaumont". Da es bekannter und größer als Vaux war, liefen hier einige Touristen im Nebel herum. In einem Gewölbe der Festung hatte man Kriegsschrott ausgestellt, der hier in den vergangenen Jahrzehnte gefunden worden
war. Auf den ersten Blick wirkte Fort Douaumont so, wie das Fort Vaux. Auch hier hatte das Granatfeuer den einst glatten Verputz der Festung zu
einer, wie ein Schwamm aussehenden Steinmasse zertrümmert. Das Artilleriefeuer hatte die Gräben um das Fort zugeschüttet und das Erdgeschoss befand sich jetzt unter der Erde. Douaumont wirkte wie ein stillgelegter, von Stacheldraht umzäunter Steinbruch. Wir kletterten über eine Leiter auf das Dach der Festung und konnten so in die nähere Umgebung blicken. Es bot sich ein unheimliches Panorama. Überall wuchsen krüppelige Büsche aber der Boden sah aus, wie ein erstarrtes
Meer.
Das Trommelfeuer hatte Granattrichter neben Granattrichter in die Erde geschlagen. In den Jahrzehnten war zwar buchstäblich Gras darüber gewachsen, aber die Spuren der Zerstörungen waren noch deutlich sichtbar. Überall warnten Schilder vor dem Betreten des Geländes, es lagen noch Unmengen an Granatsplittern und gefährlichen Blindgängern in der Erde. Über allem herrschte eine kalte und
unheimliche Ruhe. Nebelschwaden zogen vorbei und gaben manchmal einen Blick auf die weitere Landschaft frei. Es war totenstill, kein Vogel war zu hören - nur der Wind. Man konnte sich weder den apokalyptischen Lärm noch den permanenten Gestank nach Tod oder die dauernde Erschütterungen des Trommelfeuers vorstellen.
Im zernarbten Beton des Forts entdeckte ich eine Stelle die aussah, als habe jemand mit einem gigantischen Hammer auf das Gewölbe eingeschlagen. Im Mai1916 hatten die Franzosen mit schwerer Artillerie versucht, das Fort sturmreif zu schießen, um es zurück zu erobern. Dabei
durchschlug ein Geschoss die Betondecke
und tötete auf einen Schlag
mehrere hundert Deutsche. Sie wurden nie geborgen und so ist
das Fort - bis heute auch ein Grabmal. Im Inneren zog man an dieser Stelle eine Mauer, hinter der die Leichen bis heute liegen.
Das Schlachtfeld um Fort Douaumont 1964 |
Im zernarbten Beton des Forts entdeckte ich eine Stelle die aussah, als habe jemand mit einem gigantischen Hammer auf das Gewölbe eingeschlagen. Im Mai1916 hatten die Franzosen mit schwerer Artillerie versucht, das Fort sturmreif zu schießen, um es zurück zu erobern. Dabei
1964 Hunderte Deutsche liegen hier begraben |
Wir kamen auf dem Rückweg nach Verdun an einer ziemlich makaberen Gedenkstätte vorbei, dem "Graben der Bajonette". Unter einem Betondach, das als Mahnmal diente, lag ein französischer Schützengraben. Nach den Kämpfen war er völlig eingeebnet gefunden worden, nur ein paar Gewehrläufe mit französischen Dreikant-Bajonetten hätten aus dem Boden geragt - so die Legende. Demnach wurden hier am 11. Juni 1916 französische Infanteristen durch Artilleriefeuer lebendig begraben. Die aus der Erde ragenden Spitzen der Gewehre mit ihren Bajonetten hatten an der Brustwehr gelehnt und markierten so den Graben. Nach dem Krieg wurde er dann entdeckt und zum Mahnmal gestaltet - so war im Reiseführer aus dem Jahr 1958 zu lesen.
An den Seiten des Betondeckels konnte man 1964 auf den verschütteten Graben blicken. Ich sah noch die verrosteten Gewehrläufen und mehrere weiße Kreuze, auf denen stand: "Soldat Francais Inconnue" - Unbekannter französischer Soldat.
Jahre später las ich die wahre Geschichte. Während der Kämpfe im Frühjahr 1916 hatten Deutsche Soldaten sieben Leichen gefallener Franzosen in den Graben geworfen und ihn zugeschüttet. Mit den Gewehren markierten sie die Stelle - damals ein übliches Verfahren. Später hätte man so das Grab und die Toten finden und beerdigen können - aber sie gerieten in Vergessenheit. Ein reicher Amerikaner stiftete nach der Entdeckung im Jahr 1920 das Geld für den steinernen 'Sargdeckel'. Bei unserem Besuch im Jahr 1964 mussten die verrosteten Gewehrläufe durch Stacheldraht vor Souvenier-Jägern geschützt werden.
Einige Kilometer weiter, erreichten wir einen großen Soldatenfriedhof, auf dem in Reih und Glied 15 000 weiße Kreuze
die Gräber Gefallener Franzosen markieren - sie hatte man identifizieren können.
Dahinter tauchte im Nebel ein lang gestrecktes, düsteres Gebäude auf. Es sah aus, wie eines derForts, nur in der Mitte ragte ein Turm in den Himmel. Wir waren am Gebeinhaus Douaumont angekommen. Ich bemerkte Nischen mit großen Fenstern an den Seiten. Viele Besucher standen davor und blickten in das Innere. Neugierig ging ich hin und erstarrte. Hinter dem Glas waren Kammern mit unzähligen Knochen und Schädeln. Man hatte unbekannte Tote, getrennt nach den Fundorten, hier zur letzten Ruhe gelegt.
Ich hatte genug, und wollte nur noch weg - es ging uns allen so. Übrigens habe ich auch bei späteren Besuchen nie wieder einen Blick dort hinein hinein werfen können.
Auf der Rückfahrt in das Tal der Maas und nach Verdun sah ich in einem Waldstück unvermittelt ein französisches Ortsschild: „Fleury“. Nirgendwo standen Häuser oder waren Menschen zu sehen. Nach wenigen hundert Metern tauchte erneut ein Schild auf, es markierte das Ortsende. Hier hatte einst das Dorf Fleury gestanden. Es hatte im Sommer 1916 so oft den 'Besitzer' gewechselt, das kein Stein mehr auf dem anderen geblieben war. Nach dem Krieg lohnte sich der Wiederaufbau nicht - aber zum Gedenken an das versunkene Dorf waren die Ortsschilder wieder aufgestellt worden.
15 000 Gräber am Douaumont 1964 |
Ich hatte genug, und wollte nur noch weg - es ging uns allen so. Übrigens habe ich auch bei späteren Besuchen nie wieder einen Blick dort hinein hinein werfen können.
Auf der Rückfahrt in das Tal der Maas und nach Verdun sah ich in einem Waldstück unvermittelt ein französisches Ortsschild: „Fleury“. Nirgendwo standen Häuser oder waren Menschen zu sehen. Nach wenigen hundert Metern tauchte erneut ein Schild auf, es markierte das Ortsende. Hier hatte einst das Dorf Fleury gestanden. Es hatte im Sommer 1916 so oft den 'Besitzer' gewechselt, das kein Stein mehr auf dem anderen geblieben war. Nach dem Krieg lohnte sich der Wiederaufbau nicht - aber zum Gedenken an das versunkene Dorf waren die Ortsschilder wieder aufgestellt worden.
Die Rückfahrt zu meiner Großmutter verlief sehr schweigsam
und Gramy brauchte einige Zeit, um sich zu erholen. Ihr waren die Erinnerungen an ihre Erlebnisse als junges Mädchen, an das Siechtum und den Tod ihres Mannes, wieder hochgekommen. Jahre später fragte ich mich, ob es gut gewesen war, sie damit zu konfrontieren. Andererseits hat sie immer wieder Geschichten aus dieser Zeit erzählt - ob schön oder traurig - es war ihre Jugend gewesen.
Sie hatte zuerst unter Deutscher Besatzung gelebt. Sie unterlagen dabei immer strengen Kontrollen der Militärs und durfte das Dorf nur mit einem Passierschein verlassen. Das nebenstehende Foto zeigt, wie ein Deutscher Soldat Dorfbewohner kontrolliert. Später wurde Flore via Schweiz in das unbesetzte Frankreich abgeschoben worden. Das deutsche Militär wollte damit 'nutzlose Esser', also Frauen, Kinder und Alte, loswerden. Sie mussten dabei ihren gesamten Hausstand zurücklassen. Erst nach Kriegsende kehrte Flore wieder nach St.Benin zurück - um dann im Zweiten Weltkrieg 1940 zum zweiten Mal 'deutschen Besuch' zu bekommen.
Le Cateau und weite Teile Nordfrankreichs waren bei Kriegsende eine Trümmerlandschaft. In der sogenannten "Roten Zone" dem 500 Kilometer langen Kampfgebiet zwischen Nordsee und Schweizer Grenze waren 350 000 Gebäude zerstört, etwa 2,5 Millionen Hektar Land waren durch Granatsplitter, Gas und Sprengstoff für die Landwirtschaft nicht mehr nutzbar. Frankreich betrauerte über 1,38 Millionen Tote und musste Eine Million Invalide Veteranen versorgen. Für die Generation meiner Großmutter gab es kaum noch Männer im heiratsfähigen Alter, so viele der 20- bis 30-Jährigen waren gefallen.
1914, Nordfrankreich unter Deutscher Besatzung, Bundesarchiv, Bild 183-S32542 |
Gramys Ausweis für Kriegswitwen |
Le Cateau und weite Teile Nordfrankreichs waren bei Kriegsende eine Trümmerlandschaft. In der sogenannten "Roten Zone" dem 500 Kilometer langen Kampfgebiet zwischen Nordsee und Schweizer Grenze waren 350 000 Gebäude zerstört, etwa 2,5 Millionen Hektar Land waren durch Granatsplitter, Gas und Sprengstoff für die Landwirtschaft nicht mehr nutzbar. Frankreich betrauerte über 1,38 Millionen Tote und musste Eine Million Invalide Veteranen versorgen. Für die Generation meiner Großmutter gab es kaum noch Männer im heiratsfähigen Alter, so viele der 20- bis 30-Jährigen waren gefallen.
Seit meinem ersten Besuch als Zehnjähriger übte Verdun auf mich eine düstere Faszination aus. Anfang 1973 überredete ich Freunde - wir waren damals knapp Zwanzig - von Hamburg aus zu einen Wochenend-Trip nach Verdun. Zu Beginn war es eine lustige "Herrenpartie", in einem betagten VW-Bus, samt Gaskocher und Bierkiste. Während des Besuchs
wurden wir zunehmend schweigsamer und nachdenklicher.
Dazu trug auch der geschmacklose Touristenrummel bei, der sich hier breit gemacht hatte. Im Museum auf dem Schlachtfeld gab es Souveniers, Postkarten voll hohlem Pathos und vermeintlichem Heldentum. Aber eigentlich ging es nur darum, Touristen ihr Geld aus den Taschen zu ziehen. Neben tausenden weißer Grabkreuze ein Rummelplatz für Geschäftemacher. Die Veteranen in den Forts waren größtenteils vom professionellen Tourismus verdrängt - viele mittlerweile wohl auch verstorben. "Baguette und Bajonette" so lautet anscheinend jetzt die Devise - Wir fanden es schlicht zum Kotzen...
Damals sprachen wir viel darüber, ob man den Wehrdienst leisten - oder Verweigern sollte. Auf jeden von uns kam diese Entscheidung zu. Auf den "Bund" hatten keiner 'Bock' aber das zynische Prüfverfahren, um als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden und sich dann noch als "Drückeberger" beschimpfen zu lassen - war auch nicht attraktiv. Das später keiner von uns zum 'Bund' ging, hatte wohl auch mit dem Besuch in Verdun zu tun....
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Zur Schlacht um Verdun und seine Mythen http://medienfresser.blogspot.de/2016/02/100-jahre-verdun-schlacht-der-mythen.html
Zuerst war lustige Stimmung |
Dazu trug auch der geschmacklose Touristenrummel bei, der sich hier breit gemacht hatte. Im Museum auf dem Schlachtfeld gab es Souveniers, Postkarten voll hohlem Pathos und vermeintlichem Heldentum. Aber eigentlich ging es nur darum, Touristen ihr Geld aus den Taschen zu ziehen. Neben tausenden weißer Grabkreuze ein Rummelplatz für Geschäftemacher. Die Veteranen in den Forts waren größtenteils vom professionellen Tourismus verdrängt - viele mittlerweile wohl auch verstorben. "Baguette und Bajonette" so lautet anscheinend jetzt die Devise - Wir fanden es schlicht zum Kotzen...
Schild am Fort Douaumont: "Danger-Gefahr!" |
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