Montag, 6. Juni 2022

Meine deutsch-französische Familiengeschichte Teil XI

 

Vorbemerkung:

Alles was ich hier schildere wurde mir von meinen Familienangehörigen erzählt. Natürlich sind solche Berichte nur bedingt dokumentarisch, vor allem, wenn diese Geschichten Jahrzehnte später erzählt wurden und alle Gesprächspartner heute nicht mehr leben. Manches habe ich aus Dokumenten ergänzt, manches mit etwas Phantasie versucht, lebendiger zu illustrieren. Diese deutsch-französische Familiengeschichte ist auch ein Spiegel einer Epoche - von der Jahrhundertwende bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 

Copyright: Weder der Text, noch Textpassagen dürfen ohne meine Einwilligung verwendet werden, dies gilt auch für das hier verwendete Fotomaterial. Das Urheberrecht liegt alleine beim Autor.

 

Vom 'Erbfeind' zum Liebespaar



Fernande Kommunion
Meine Mutter Fernande hat nie gerne über ihre Kindheit und Jugend in Sant Benin erzählt. Nach ihrem Tod, im Dezember 1976 in Hamburg, sprach ihre Mutter Flore nur wenig über das Verhältnis zur Tochter. Es war schwierig gewesen, Fernande hatte sich für die ärmlichen Verhältnisse geschämt, in denen sie aufgewachsen war. Ihre Mutter hatte seit der Rückkehr aus Lille 1946, in Saint Benin gelebt, sie starb dort 1988. Fernande hat sich immer für das kleine Haus, den verwilderten Garten, sowie den Kaninchenstall mit dem P
lumps-Klo nebenan geschämt. Ein Milieu, aus dem sie immer entkommen wollte und sich nur ungern daran erinnerte.
 
Sommerferien am Meer
Fernande Henriette Aubry wurde am 15.Februar 1923 in Saint Benin geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters, sie war fünf Jahre alt, lebten sie und ihre Mutter mit dem Großvater zusammen. Nach dem der jähzornige Mann 1932 gestorben war - Fernande war Neun - wohnten Mutter und Tochter hier fortan alleine. Flore konnte nach der Geburt Ferandes keine Kinder mehr bekommen und hat auch nie wieder geheiratet. Sie versuchte  ihrer Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen. Dabei habe sich Fernande zu einer kleinen 'Despotin' entwickelt - sagte nach ihrem Tod Flore etwas verbittert und nachdenklich. Die Mutter wollte der Tochter eine höhere Bildung und damit ein besseres Leben  ermöglichen. Sie sollte nicht, wie ihre Mutter, später in einer Fabrik schuften müssen. Mitte der 1930er Jahre reformierte die Volksfrontregierung das Bildungssystem Frankreichs, Frauen erhielten bessere Aufstiegschancen. Flore und Fernande zogen nach Lille, denn in der Großstadt konnte die Tochter einen höheren Schulabschluss machen. Kurz vor Kriegsbeginn bereitete sie sich auf das 'Baccalaureat' vor. Wären nicht die Tuberkulose und der Krieg dazwischen gekommen, hätte sie vielleicht sogar studieren können. 
 
Fernande (links) am Filmset
Die junge Frau liebte das Kino und schwärmte für die Filmstars. In Frankreich gab es damals 4250 Kinos, die seit Mitte der dreißiger Jahre  Tonfilme zeigten. Fernande lief fast jedes Wochenende von Saint Benin in das nahegelegenen Städtchen Le Cateau, um dort im Kino die neuesten Filme aus Frankreich und Hollywood zu sehen. Sie schwärmte für den Macho Jean Gabin, lachte über Fernandel und bewunderte die Diva Danielle Darrieux. Später suchte Fernande in Lille Kontakte zu Filmleuten - das deutet zumindest ein Foto aus dieser Zeit mit einer kostümierten Frau vor einer Kulisse an.
 
Noch ist Frieden: Fernande (links)
Am 1.September 1939 begann der Zweite Weltkrieg, der aber bis Mai 1940 in Frankreich ohne große Kampfhandlungen verlief. Die Soldaten lagen sich gegenüber, geschossen wurde selten, man nannte das 'drole de guerre' - bei den Deutschen 'Sitzkrieg'. Fernande und Flore fühlten sich, wie die meisten Franzosen, durch die Befestigungsanlagen der Maginot-Line geschützt - die von der Schweiz bis an die Südgrenze Belgiens in den Ardennen verlief. Die 17-Jährige Fernande hatte zudem schwere gesundheitliche Probleme, die sie vom Krieg ablenkten. Sie mussten wegen Tuberkulose in ein Sanatorium in den französischen Ardennen - eine Krankheit, vor der sie sich bis zu ihrem Tod gefürchtet hat.
 
Aber genau durch diese bewaldete Gegend, mit seinen engen Tälern und angeblich für Panzer nicht passierbaren Straßen, stieß am 10. Mai 1940 Hitlers Wehrmacht nach Frankreich vor. Wo sich das Sanatorium Fernandes genau befand, ist unbekannt, sie versuchte mit einer Freundin zu Fuß nach Lille zu gelangen. Davon erzählte sie Jahrzehnte später - immer noch mit Schrecken. Die Angriffe deutscher Tiefflieger mit ihren Maschinengewehren und Bomben auf mit Soldaten und Flüchtlingen vollgestopfte Straßen. Besonders das Geheul der Sirenen angreifender Stukas hat sie nie vergessen. 
 
Fernande erreichte in dem Chaos irgendwie Lille, ob vor oder nach den schweren Gefechten dort (28. - 30.5.1940), weiß ich nicht. Sie war jedenfalls wieder mit der Mutter vereint, die einmal erzählte, sie habe nach der Eroberung auf der Grand Place eine große Gruppe deutscher Militärs gesehen. In ihrer Mitte habe ein Mann "avec une moustache comme Charlot" - (Charlie Chaplin), gestanden. Es war Adolf Hitler, der kurz nach der Einnahme der Stadt die Region besucht hatte, in der er während des Ersten Weltkrieges stationiert gewesen war. In Le Cateau war ihm 1918 das Eiserne Kreuz verliehen worden.
 
Das Leben war für Fernande und Flore, die zum zweiten mal eine deutsche Besatzung erlebte, nicht einfach. Es gab keinen männlichen Ernährer, sie mussten sich selber durchschlagen. Immerhin konnten sie in Lille bleiben, obwohl die deutschen Besatzer die Rückkehr von Flüchtlingen in die Region, nach dem Waffenstillstand zuerst untersagt hatten. Womit Flore und Fernande ihren Lebensunterhalt verdienten, ist unbekannt - Lille war ein großes Industrie-Zentrum. Man war mit der Bewältigung des Alltags vollauf beschäftigt, während es sich die Besatzer auf ihre Kosten gut gehen liessen. Viele Franzosen 'arrangierten' sich damals mit den Besatzern, manche bewunderten die 'Sieger' und nicht wenige kolaborierten. Dies propagierte in Vichy, im unbesetzten Frankreich, der diktatorisch regierende Präsident, Philippe Petain - Antidemokrat und Antisemit.
 
Lille wurde zum Zentrum der Besatzungsverwaltung für Nordfrankreich und Belgien. Hier erschienen Zeitungen für die deutschen Soldaten, aber auch für die Bevölkerung, die von Heinz und seinen Mitarbietern produziert wurde. Mit der
Heinz beim 'Echo du Nord' Lille
Propagandakompanie (PK) 501 der 26. Armee war er im Juni 1940 zuerst nach Paris und dann nach Lille beordert worden. Im März 1941 wurde er zur PK 695 bei der 15.Armee versetzt. Neben diesen mobilen Einheiten wurden fest stationierte Propaganda Abteilungen in besetzten Verlagen der Region eingerichtet, die man besetzt hatte. So konnten Redaktionsräume und Druckereien für die Propagandaarbeit genutzt werden
Lille Heinz 2.von rechts
. Heinz arbeitete als leitender Redakteur, dabei beschäftigte er auch einheimische Mitarbeiter. Er  profitierte davon, im Dienst wie privat keine Uniform tragen zu müssen. Das erleichterte und förderte seine privaten Kontakte zur einheimischen Bevölkerung. In Punkto Frauen ließ er jedenfalls "nichts anbrennen", lästere Jahrzehnte später seine Schwester Käthe. Bei ihr, die damals in Straßburg im okkupierten Elsass lebte, sei eine junge Französin aufgetaucht. Sylviane war eine Ex ihres Bruders und er hatte seine Schwester gebeten, ihr bei der Arbeitssuche zu helfen. Sie ging mit ihr zur Geheimen Staatspolizei, um eine Arbeitsgenehmigung zu erbitten. Sylviane bekam einen Job in einem Flieger-Kasino - und verschwand, als die Alliierten sich 1944 der Stadt näherten. 

Heinz und Fernande

 

Der 27-Jährige Mann, 1,82 Meter groß, blond und schlacksige Heinz sprach gut Französisch und trat vor allem nicht mit der Arroganz des 'Siegers`' auf. Die französischen Beschäftigten in Redaktion und Druckerei merkten bald, das er kein Linientreuer Nazi war und Distanz zum NS-Regime zeigte. So gelang es ihm schnell, Kontakte zu knüpfen und als Vorgesetzter drückt er oft ein Auge zu, wenn Mitarbeiter illegale Geschäfte tätigten - 'Schwarzhandel' war damals überlebenswichtig. Einige seiner Leute hatten auch Verbindungen zum Widerstand, der 'Resistance' - und Heinz wusste davon.
 
Er konnte als `Sonderführer' seiner Propagandabteilung in Lille ein bequemes Leben führen, hatte eine eigene Wohnung in der Nähe des Bahnhofs. Obwohl militärisch nur Unteroffizier, musste Heinz als 'Sonderführer' nicht in einer Kaserne oder Massenunterkunft leben. Das förderte seine Beziehungen zur Zivilbevölkerung - männlich, wie weiblich. 
 
Fernande um 1940
Wann er genau Fernande kennenlernte, ob bereits 1940 oder erst nach der Rückkehr aus Russland im Herbst 1941 ist unklar. Die Geschichte entbehrt nicht einer gewissen Komik. Heinz hatte Dienstfrei und verbrachten den Abend in seiner Wohnung, da klopfte es an seiner Tür. Er hatte niemanden erwartet und war umso überraschter, als vor ihm eine junge Frau stand, die ihn ebenso erstaunt anblickte. Er bat sie hinein und fragte, wer sie sei und was sie von ihm wolle. Sie antwortete unsicher, sie sei hier mit einer Freundin verabredet. Des Rätsels Lösung: Ein französischer Kollege von Heinz wollte mit seiner Freundin ungestört einen Abend verbringen. Um aber den 'Guten Sitten' nicht zu widersprechen, hatte er gegenüber ihren Eltern behauptet, man würde sich zu Viert treffen. Weder Heinz noch Fernande wussten aber von diesem Arrangement. Nun standen sich die kleine Frau,  braunes, volles Haar, rundes Gesicht und geschminkt - dem 'blonden Germanen' gegenüber. Man plauderte und gefiel sich wohl gegenseitig, denn Heinz konnte sehr charmant sein. Fernande wiederum war hübsch, weiblich und widerprach mit ihrem Chiq und dem Makeup positiv dem 'Arischen' Frauenbild. Jahre später meinte Fernande: "Ja ja, eine Deutsche Frau schminkt sich nicht - aber bei uns rannten die Soldaten damals jeder Französin mit Lippenstift und gezupften Augenbrauen hinterher." 
 
Fahrausweis
Wie lange es dauert, bis beide ein Liebespaar wurden, weiß ich nicht, auch nicht, wann Flore den jungen Deutschen als 'Schwiegersohn' in spe kennenlernte. Wie sie über die Beziehung ihrer Tochter zu dem Deutschen dachte? Jedenfalls setzte Fernande ihren Kopf durch, sicherlich dürfte er sie und ihre Mutter materiell unterstützt haben. Da Heinz ja eine eigene Wohnung hatte, übernachtete Fernande oft bei ihm. Es muss 1944 gewesen sein, als sie mitten in der Nacht durch einen allierten Bombenangriff auf das Bahngelände aufgeschreckt wurden.  Fernande warf sich einen Mantel über - darunter war sie Nackt - und flüchtete mit Heinz in den Keller. Davon erzählte sie noch Jahrzehnte später lachend.
 
Für seine Karriere war die Verbindung zu Fernande schädlich,
er hatte vor Offizieren erklärt, eher auf eine militärische Laufbahn zu verzichten, als auf seine französische Verlobte. Das wurde sicherlich seinen Vorgesetzten hinterbracht. Nach Kriegsende schrieb Heinz zwei Erklärungen für das
Strafversetzt Potsdam 1942 (vorn 3.v.r)

Komitee VII in Hamburg zur 'Entnazifizierung': "Im April 1942 wurde ich von meinem Kompanie-Chef, Hans Giessler zur Ersatz-Abteilung Potsdam strafversetzt", zuvor hatte man ihm am 6. März bereits den Rang des Sonderführers entzogen: "weil ich mich mit einer Französin verlobt hatte. Auf die Liste der Offiziersbewerber wurde ich nicht gesetzt, da ich als 'politisch unzuverlässig'`galt." Zurück in Lille wurde er im Sommer 1944 nach Charleroi zum zweiten mal strafversetzt, wegen: "zu frankophiler Einstellung". Lange hielt die Maßregelung nicht, denn bereits am 1. August 1944 wurde er zum Feldwebel befördert - der höchste Rang den er im Krieg erreichte - und außerdem wieder 'Sonderführer' seiner  Propagandakompanie in Lille.
 

Monsieur Hernri und seine Kontakte.....


Seine Ablehnung des NS-Systems war einigen Kameraden
Lille 1944 - Fernande, Heinz - Peltier mit Brille
und auch manchen, der für ihn arbeitenden Franzosen bekannt. Einen von Ihnen, Marcel Peltier, hatte Heinz bereits 1936 bei den Olympischen Spielen in Berlin auf der Pressetribüne kennengelernt. Sie trafen sich im Herbst 1941 in Lille wieder. Wein lockert bekanntlich die Zunge und so kamen sich bei einigen Flaschen Roten Heinz und seine französischen Mitarbeiter näher. Der Deutsche nahm dabei wohl kein Blatt vor den Mund, was seine politische Einstellung betraf. Im April 1946 bezeugten jedenfalls Gaston Joffrin, nach dem Krieg Sportredakteur der kommunistischen Zeitung 'Liberté' und Marcel Peltier,  Panzerkommandant der französischern Armee nach der Befreiung, Heinz antifaschistische Einstellung. Joffrin schrieb (siehe Faximile), er habe ihm Ende Mai 1944 bei dessen Flucht vor der Gestapo aus Lille geholfen. Laut Peltier habe Heinz ihm Sondergenehmigungen für Nutzung der Firmenwagen erteilt, wohlwissend, dass damit nicht nur Schwarzmarktware sondern auch Waffen und anderes Material für die Resistance transportiert worden seien. Außerdem habe er Peltier durch seinen Einsatz geholfen, nach dessen Verhaftung durch die Gestapo aus dem Gefängnis zu kommen.       

 Dokument:    

Lille 22. April 1946

ARAC Lille Stempel – Association Republicains des Anciens Combattants (1917 gegründete linke Veteranen – u. a. von Henri Barbusse)



Übersetzung der Briefe Joffrins und Peltiers, an den britischen Presseoffizier Captain H.A. Hetherington in Hamburg:
 
Ich, Joffrin Marius Gaston, geboren am 13. März 1889 in Treyes (Aube), Kriegsinvalide 1914-1918, bestätige, dass Herr Henri Ressing, der meine kommunistische Einstellung kannte, mir im Mai 1944 ermöglichte, Lille mit dem Auto zu verlassen, zu einer Zeit, als meine Anwesenheit dort für mich gefährlich wurde. Ich bin Sportjournalist für die Zeitung 'Liberté'. 
 
Marcel Peltier, 22. April 1946: 
Ich wurde von den Deutschen verhaftet und durch Herrn Ressing aus dem Gefängnis geholt. Ich kann sagen, dass Monsieur Ressing mich in allen Fällen immer unterstützt hat. Durch ihn erhielt ich einen Passierschein für die Nacht, den ich für spezielle Missionen verwendet habe, sowie eine Fahrerlaubnis für Autos, die Waffen transportierten.
 

Heinz sieht das zerstörte Hamburg

 

Heinz bekam in Frankreich mehrfach Heimaturlaub, dabei  besuchte er seine Schwester Käthe, die in Straßburg wohnte. In den 90er Jahren erzählte sie, wie sie mit ihren beiden Töchtern in einer großen Wohnung gelebt habe, ihr Mann sei in Russland an der Front gewesen. Er spät habe Käthe  erfahren, dass ihre Wohnung zuvor einer jüdischen Familie gehört hatte. Sie waren in ein Vernichtungslager deportiert worden - Käthe schämte sich deshalb noch als alte Frau. Heinz Mutter Frieda lebte damals in Hamburg und er bekam im Sommer 1943 Sonderurlaub, nach den schweren Bombenangriffen auf die Stadt. Er habe auf dem Dach eines Hauses in der Innenstadt gestadnen und das Inferno gesehen - erzählte Heinz später. Seine Mutter hatte überlebt und war zur Tochter nach Straßburg gezogen.
 
Nach der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944, brach die Fronte zusammen und die Allierten befreiten Frankreich schnell. Im September muss sich auch die Propagandakompanie hastig ins nordwestliche Holland zurückziehen. Heinz musste sich schnell von Fernande verabschieden, hatte wohl überlegt unterzutauchen, aber es war zu gefährlich. Dabei entkamen er und seine Truppe
Heinz (Sonnenbrille), Apeldoorn 1945
nur um Haaresbreite den blutigen Kämpfen um Nimwegen und Arnheim, nach der Landung alliierter Fallschirmjäger (17. bis 27.September 1944). Heinz kam Mitte September erneut zur Ersatzkompanie nach Potsdam, wahrscheinlich als Ausbilder neuer Soldaten für die Propagandakompanien. Danach durfte er kurz seine Mutter in Erfurt besuchen - und erlebte die Ardennen-Offensive nur aus der Ferne. Im Februar 1945 wurde er mit seiner Einheit nach niederländisch Friesland bei Groningen verlegt. Die Zivilbevölkerung litt dort bis zur deutschen Kapitulation am 8. Mai 1954 entsetzlich. Viele Zivilisten verhungerten - und das nicht nur wegen des allgemeinen Mangels - die Deutschen wollten sie dafür bestrafen, dass sie die Alliierten 1944 bejubelt hatten. Heinz war als Chefredakteur für die Soldatenzeitung "Die Pranke" zuständig, in der Durchhalteparolen Soldaten die Stimmung heben sollten. Laut Soldbuch erhielt er am 1. April 1945 in Apeldoorn seine letzte Soldzahlung in 'Feindesland' - 61 Reichsmark. Zwei Wochen später wurde Apeldoorn befreit. 
 
Ausgabe 1. April 1945

 

 
'Feldwebel' Ressing (rechts)
Bei seinem Einsatz in kam es dazu, dass Heinz das erste und einzige mal im Krieg geschossen hat. Seine Einheit kampierte, verteilt auf mehrere Bauernhöfen, man besuchte sich Abends zu feuchtfröhlichen Gelagen. In einer Nacht lief er nach einem dieser 'Spätschoppemn' zurück mti seinem Fahrer zum Quartier, als sie im Dunkeln Soldaten wahrnahmen - Freund oder Feind? Die Front war nur wenige Kilometer entfernt, sie sprangen in den Straßengraben, Heinz zog seine Pistole und schoss in die Luft. Sein Fahrer lief los, um Verstärkung zu holen, als er mit einem Trupp zurückkam, stellte sich heraus, ihr 'Gegner' waren junge Rekruten, die eine Nachtübung abhielten. Das erste und einzige mal nutzte Heinz seinen Rang als Feldewebel und 'schiss' den sie kommandierenden Unteroffizier zusammen. 
 
Nachdem die britischen Truppen den Rhein bei Wesel überschritten hatt, zog sich seine Einheit fluchtartig über das Emsland und Oldenburg bis nach Mecklenburg zurück. Von dort wurde Heinz Anfang Mai 1945 nach Hamburg beordert.
 
Den Kontakt zu Fernande hatte er seit September 1944 verloren. Sie blieb mit ihrer Mutter in Lille, laut französischem Meldegregister waren beide 1946 wieder in Saint Benin gemeldet. Vielleicht ersparte ihr der Ortswechsel die Demütigungen, die viele Französinnen nach der Befreiung erleiden mussten, die mit deutschen Besatzungsoldaten liiert gewesen waren. Oft wurden diese öffentlich zur Schau gestellt, ihre Haare umringt von gehässig lachenden Zuschauern mit stumpfen Scheren abgeschnitten. Es kam auch zu Vergewaltigungen, manche wurden ermordet - die Rache wurde oft von denen ausgeübt, die zuvor kolaboriert hatten.     




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